Historie seit 1858


Die Firma Heinrich Paas wurde am 1. November 1858 als Kolonialwaren- und Samenhandlung in Essen gegründet. Die kleine Landstadt zählte damals 17.215 Einwohner. Die Bauern der Umgebung kamen ein- und zweimal in der Woche in die Stadt, um ihre Produkte zu verkaufen und Einkäufe zu tätigen. Lebensmittel, die sie nicht selbst erzeugten, landwirtschaftliche Geräte und Sämereien gehörten zu den wichtigsten Waren, die sie benötigten. Die Firma Heinrich Paas nahm bald einen erfreulichen Aufschwung. Das GeschäftshausII. Hagen 62 wurde gekauft und durch Um- und Anbauten zweckentsprechend erweitert. 



Heinrich Paas war ein tüchtiger Kaufmann. Er wußte, was seine Kunden brauchten, denn er stammte aus einer seit Jahrhunderten im Ruhrgebiet ansässigen Bauernfamilie. Bald nach Beendigung der kaufmännischen Lehre gründete er ein eigenes Geschäft. Mit Energie und Fleiß schuf er die Basis für den späteren Aufbau des Unternehmens, der die Firma Heinrich Paas zu einer der bedeutendsten Lebensmittel-Großhandlungen  Deutschlands werden ließ.

Der Sohn, Heinrich Paas jun., war begabt, energisch und weitblickend. Er verstand es, die Chancen zur rechten Zeit zu nützen. Er wurde in einem Kölner Agentur- und Lebensmittelgeschäft ausgebildet und trat 1879 als ältester Sohn des Gründers in das elterliche Geschäft ein. In dieser Zeit wuchs die Industrie an der Ruhr rasch, wenn auch vorübergehende Rückschläge nicht ausblieben. Im Zuge der weiteren Industrialisierung und wurde das Sortiment  erheblich erweitert und führte zur Aufnahme des "Kolonialwaren-Engros-Vertiebs". In der Folge der Ausdehnung des Absatzbereichs wuchs auch der Geschäftsumfang. So wurde im II. Hagen außer dem Haus Nr. 36, in welchem die Kontore untergebracht waren, ein modernes 5 stöckiges Lagerhaus mit Pferdeställen und großen Kellern errichtet. 1899, nach dem Tod des Gründers der Firma, wurde beschlossen, das Detailgeschäfts aufzugeben und sich ausschließlich dem Großhandel zu widmen. Die Firma entwickelte sich zum Großbetrieb. Im Jahre 1900 bezog sie ein weiträumiges Lagerhaus mit Gleisanschluss am Reckhammerweg hinter dem Bahnhof Essen-Segeroth, in dem sie bis zur Ausbombung 1943 ihren Sitz hatte.


 






Die Gründung der West-Ostdeutschen Handelsgesellschaft 1912 in Hamburg durch Heinrich Paas trug wesentlich zum Erfolg des Unternehmens bei. Die sechs bedeutendsten deutschen Kolonialwarengroßhandlungen taten sich zum gemeinsamen Einkauf zusammen. Es war der erste Zusammenschluss dieser Art im Großhandel in Deutschland. Heinrich Pass bewies damit erneut seinen Weitblick. Nach dem verlorenen Kriege erblickte er seinevornehmste Aufgabe in der Sicherung der Lebensmittelversorgung des Ruhrgebietes. Er gründete Einfuhr-Gesellschaften und schaffte, trotz des Verbotes der Besatzungsmächte im Rheinland, die benötigten Öle und Fette herbei. Später hatte er Sitz und Stimme im Beirat des Reichsernährungsministeriums und wurde in den Reichswirtschaftsrat berufen. 




In der schwierigen Inflationszeit nach dem ersten Weltkrieg - im November 1921 - stieß ein junger Mann zu Heinrich Paas - Hans Behrens -, der bisher als Börsenmakler in Hamburg tätig war und der insofern eine neue Idee hatte, als er ein Einkaufs- und Orientierungsbüro für Lebensmittel in Hamburg gründen wollte. Er unterbreitete seinen Vorschlag den drei damals bedeutendsten deutschen Großhandlungen. Schon einige Tage danach nahm Heinrich Paas die Verbindung auf. Und wenige Stunden, nach dem die beiden Männer das erste mal miteinander verhandelt hatten, waren sie sich einig. Am 1 Januar 1922 wurde die Firma Heinrich Paas G. m. b. H. in Hamburg gegründet. Heinrich Paas erkannte sogleich, daß seinem Betrieb aus dieser Idee große Vorteile erwachsen würden. Aber noch niemand konnte ahnen, das Hans Behreens ein Jahrzehnt später selbst die Leitung des Unternehmens würde übernehmen müssen.

Das Büro in Hamburg arbeitete mit gutem Erfolg. Bald darauf wurde ein ähnliches in Rotterdam errichtet, dem ein Betrieb in Leeuwarden angegliedert wurde. Rotterdam befaßte sich mit dem Handel holländischer Landesprodukte, während Leeuwarden ausschließlich mit dem Käsehandel betraut war. Die Beteiligung an einer Gewürzmühle in Hamburg kam hinzu und verschaffte der Firma Heinrich Paas auch auf diesem Sektor Vorteile. Die Verbesserung der Einkaufsbedingungen, die durch die Verbindung mit Hamburg und Rotterdam erreicht worden waren, trug - neben der klugen Geschäftspolitik - dazu bei, die schwierigen Verhältnisse der Inflationszeit zu überwinden.

Heinrich Paas starb am 06. April 1922 und hinterließ seinem Sohn eines der bedeutendsten deutschen Großhandelsunternehmen seiner Branche. Alfred Paas, der nun die Leitung übernahm, wurde von seinem Vater großzügig und zweckmäßig auf seine Aufgabe vorbereitet.  Er war in bedeutenden Großhandelshäusern in Düsseldorf, Hamburg und Köln ausgebildet worden. Auch im Ausland hatte er Erfahrungen bei seiner Tätigkeit in Le Havre, London und San Franzisko gesammelt. Alfred Paas spannte den Rahmen des Unternehmens weiter. 



Die Büros in Hamburg und Rotterdam wurden in Einfuhrhäuser umgewandelt. Er gründete die Speditions- und Lagereifirma Alfred Paas & Cie als Tochtergesellschaft in Essen.Dieses Unternehmen erlangte schnell an Bedeutung. Nach dem ersten Weltkriege ging zeitweise die gesamte Versorgung des Ruhrreviers in Speck und Schmalz durch ihre Hände. Die Einfuhrhäuser dienten nun nicht mehr als allein dem Mutterhaus als Einkaufskontore, sondern besorgten auch den Import von Lebensmitteln für andere Kunden in Deutschland, wobei sie sich günstig entwickelten.
Noch in den zwanziger Jahren wurden aber wegen der fortschreitenden Ausschaltung des Großhandels neue Aufgaben in Angriff genommen. Alfred Paas verbreiterte die Geschäftsbasis durch Gründung von Unternehmen, die der Speditionsfirma Alfred Paas & Cie nahestanden, sowie durch Beteiligungen Fabrikationsunternehmen der Kolonialwarenbranche. Die schweren Sorgen, die die 1929/30 ausbrechende große Wirtschaftskrise fast allen Betrieben brachte, mögen dazu beigetragen haben, daß Alfred Paas im besten Mannesalter am 13. April 1932 aus seiner Arbeit gerissen wurde. Er hatte das Unternehmen in schweren Zeit mit Umsicht und Initiative geleitet. Ebenso wie sein Vater hatte auch er den Vorsitz im Verband des deutschen Kolonialwarengroßhandels inne. Überdies war er ein tatkräftiges Mitglied des Präsidiums des Groß- und Außenhendelsverbandes.

Nun trat Hans Behrens an die Spitze des Unternehmens, der sich durch seine wertvollen Ideen, seine kluge Zurückhaltung und seinen geraden Weg das Vertrauen der Gesellschaft erworben hatte. Die Geschäftslage forderte eine durchgreifende Reorganisation und Rationalisierung des Unternehmens. Die Einfuhrhäuser in Hamburg und Rotterdam erfüllten ihre Funktionen nicht mehr und wurden 1932 geschlossen. Der neue Chef zog durchaus die nötigen Konsequenzen. Er griff zu einem Mittel, das schon Heinrich Paas mit Erfolg angewandt hatte und das 25 Jahre später beim Aufbau einer freiwilligen Handelskette wieder eine entscheidende Rolle spielen sollte, die "Verkaufskonzentration".  
Die schwerste Belastungsprobe, vor die die Firma Heinrich Paas seit ihrem Bestehen gestellt wurde, waren die 1943 beginnenden großen Bombenangriffe auf Deutschland. Die Betriebe des Hauses Paas am Reckhammer waren in drei Viertelstunden ein Opfer der Flammen. Die Arbeit von drei Generationen war ausgelöscht.; die Lebensmittel-Versorgung der Stadt Essen schwer gefährdet. 
Je 3.000 t Schmalz und andere Lebensmittel waren von der Reichsstelle für Ernährung bei Paas eingelagert. Was das bedeutete, kann nur der ermessen, der sich erinnert, das Fett damals nur grammweise verteilt wurde. Welche Wichtigkeit die Lebensmittelläger der Firma Paas für die Versorgung des Ruhrgebietes hatten. wird auch daraus ersichtlich, daß deren Zerstörung sogar im britischen Rundfunk gemeldet wurde.  






Aber Hans Behrens und seine Mitarbeiter gaben die Arbeit nicht auf. Der Betrieb bezog ein neues Domizil in den Ausstellungshallen der Gruga und in der Kunsteisbahn, die von der Stadt Essen zur Verfügung gestellt wurden. Das Unertnehmen hat in der Folge in den Gruga-Hallen noch 8 weitere Bombardements überstanden, bis es am 27. April 1944 noch einmal völlig zerstört wurde. Nun stand nur noch Halle 5 der Gruga zur Verfügung, die mit der Tochterfirma Alfred Paas geteilt werden mußte. 
Nach Kriegsende wurde das Lagerhaus von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt. Die Militärverwaltung gab jedoch die Bestände für die Bevölkerung frei. Die amerikanische Besatzungsmacht beschaffte 100 Waggons Kekse und einige Produkte, die bisher für die menschliche  Ernährung nicht verwandt worden waren: Maismehl und Weizenschrot. Langsam lief die Care-Hilfe an. 
Nach der Währungsreform vom 20. Juni 1948, die sich als die entscheidend Voraussetzung für eine Wirtschaftswende erwies, ging der Wiederaufbau auch bei der Heinrich Pass schnell voran. Die Kunden des Hauses Paas lernten nun den Wert der alten engen Geschäftsbeziehungen in besonders auschaulicher Weise kennen; sie profitierten vom Ansehen ihres Lieferanten, das sich dieser in 90 Jahren geschaffen hatte. 
Neue Gebäude ließen sich zunächst nicht beschaffen. 1951 gelang es endlich, das Lagerhaus des ehemaligen Konsumvereins "Wohlfahrt" zu erwerben. Es war stark zerstört; für die Zwecke des Unternehmens eignete es sich jedoch vorbildlich. Im Jahre 1952 wurde ein neues Büro- und Lagerhaus seiner Bestimmung übergeben.  Die Kaffee-Großrösterei und Weinkellerei die schon Heinrich Paas zu Beginn seiner Großhandelstätigkeit eingerichtet hatte wurde genau wie die Vertiebsstelle der Monopolverwaltung für Branntwein und das Großhandelslager wieder eingerichtet. Damit hatte das Unternehmen seine einstige Bedeutung wiedererlangt.